Haftung des Reiseveranstalters für dritte Leistungserbringer (Rail &Fly-Ticket)


(BGH, Urt. v 28.10.2010, Az: Xa ZR 46/10) Die Einstandspflicht eines Reiseveranstalters für dritte Leistungserbringer hängt auch bei dem gemeinsamen Angebot einer Flugpauschalreise mit einer Bahnanreise zum Flughafen („Rail & Fly Ticket“) davon ab, ob er eine von Dritten (hier der Deutschen Bahn AG) ausgeführte Reiseleistung als eigene anbietet.

Die Reise war nach § 651c Abs. 1 BGB mangelhaft, da die Reisenden wegen des verspäteten Bahntransfers nicht auf dem gebuchten Hinflug befördert wurden. Die Umbuchung der Anreise durch den Reiseveranstalter stellt eine notwendige Abhilfemaßnahme dar, so dass dieser verpflichtet ist, die damit verbundenen Mehrkosten zu tragen. Nach Würdigung aller Umstände könne aus der Sicht eines durchschnittlichen Reisenden aufgrund der von der Beklagten zur Verfügung gestellten Unterlagen nur der Eindruck entstehen, dass der Reiseveranstlter den Bahntransfer in Gestalt des „Rail & Fly Tickets“ als eigene Reiseleistung anbiete mit der Folge, dass er auch für von der Bahn verursachte Mängel beim Transfer haftet. Das Ticket wurde als Teil des Gesamtreisepreises ausgewiesen und als „M. Rail & Fly Ticket“ bezeichnet. Die Deutsche Bahn AG wurde dagegen nicht als Herausgeberin des Tickets genannt. Ferner wurde darauf hingewiesen, dass die Buchung des Rail & Fly Tickets einen entspannten Start in den Urlaub bedeute. Der Hinweis auf die Vorzüge des Bahntransfers im Unterschied zu einer Anfahrt mit dem Auto suggeriert einem durchschnittlichen Kunden, dass der Reiseveranstalter  für bei sorgfältiger Wahl der Zugverbindung dennoch eintretende von der Deutschen Bahn AG zu verantwortende Verspätungen einstehen wolle. In den Unterlagen zu dem Ticket findet sich an keiner Stelle eine Einschränkung dahingehend, dass der Reiseveranstalter eine stress- und staufreie Anreise zum Abflugort auch dann nicht garantieren könne, wenn der Kunde die Zugverbindung so ausgewählt habe, dass er den Flughafen spätestens zwei Stunden vor Abflug erreiche. Der Reiseveranstalter kann sich nicht mit Erfolg auf die Haftungsbeschränkung des § 17 der Eisenbahnverkehrsordnung aF berufen, wonach die Bahn im Falle der Verspätung gegenüber dem Reisenden nicht hafte. Diese Bestimmung gilt nicht für ein Rechtsverhältnis, an dem die Deutsche Bahn AG nicht oder wie hier nur als Erfüllungsgehilfin beteiligt ist. Die Reisende hatte  ihre Anreise mit dem Zug gemäß den Hinweisen des Reiseveranstalters hinreichend sorgfältig geplant. Ein durchschnittlicher Kunde darf aufgrund der genauen Zeitangabe von zwei Stunden und der sonstigen Formulierung der Anreiseempfehlung des Reiseveranstalters davon ausgehen, dass dieser bei seinen Vorgaben bereits eventuelle Verspätungen mitberücksichtigt habe. Der Reiseveranstalter kann sich auch nicht darauf berufen, dass er in der Reisebestätigung empfohlen hat, drei Stunden vor dem Abflug am Check-In Schalter zu erscheinen. Diese Empfehlung ist nicht im Zusammenhang mit der Anreise zum Flughafen, sondern lediglich in Bezug auf die Sicherheitskontrollen am Flughafen erfolgt. Die letzte und damit maßgebliche Empfehlung zur Anreise war der Reisenden mit dem Informationsblatt „Klug zum Flug“ übermittelt worden. Danach habe der Flughafen zwei Stunden vor Abflug erreicht werden sollen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verpflichtet sich der Reiseveranstalter bei Abschluss des Pauschalreisevertrags nicht nur zur Erbringung der in der Reisebestätigung genannten Beförderung, Unterbringung und sonstigen Teilleistungen; vielmehr umfasst der Reiseveranstaltungsvertrag die Reise selbst. Gegenstand des Reisevertrags sind daher alle Leistungen, die der Veranstalter nach einem vorher festgelegten und ausgeschriebenen Reiseprogramm anbietet. Bei Pauschalreisen ist zur Bestimmung der Leistungsverpflichtungen des Reiseveranstalters neben der Reisevertragsbestätigung auch der von diesem herausgegebene Reiseprospekt heranzuziehen, in dem sich die detaillierten Angaben über die Gestaltung und die Leistungen des Veranstalters befinden. Dieser ist als Allgemeine Geschäftsbedingung Vertragsgrundlage ( BGH, Urteil vom 14. Dezember 1999 – X ZR 122/97, NJW 2000, 1188, 1189; Urteil vom 30. September 2003 – X ZR 244/02, BGHZ 156, 220, 229). Der Einwand der Revision, dass der Bahntransfer schon deshalb nicht Bestandteil des Reisevertrags der Parteien sei, weil er in der Reisebestätigung überhaupt nicht und im Katalog nicht bei der Beschreibung der gebuchten Reise, sondern hiervon abgegrenzt unter einer gesonderten Rubrik genannt werde, geht somit ins Leere.